Monday, January 17, 2011

New Orleans, Woche I

So, liebe Leute. Willkommen zum ersten Teil meiner hoffentlich öfters, aber ohne Zweifel unregelmäßig erscheinenden New Orleans-Semester-Berichterstattung (dafür brauch ich noch einen besseren Titel). Gleich vorweg: die Ursuppe, aus der die Idee zu diesem Blog entstammt, besteht nicht aus meiner eigenen entgrenzten Egozentrik, sondern vielmehr aus ca. 2,5l Cider, die mir Werner und Christian vor etlichen Wochen im Limerick Bill's eingeflößt haben. Da ich sie damals über New Orleans volllabern, aber nicht zahlen durfte, kommt hier die in Text gemeißelte Rache – nehmt das, ihr Gauner! Die zwei Nasen sind übrigens auch der Grund, warum ich ab und an vielleicht ein paar trockene und/oder administrative Infos einflechten werde. Wer – wie die beiden – ebenfalls mit dem Gedanken spielt hier her zu kommen, liest sie, der Rest geht derweil eine Runde Blumen pflücken. Nun gut, hiermit sind die Basics erklärt, die Grenzen abgesteckt, die Teilnehmer eingeölt, der Schreiber abgedriftet und der geneigte Leser hoffentlich bereit mich auf meinem Trip nach New Orleans zu begleiten. Anschnallen Leute, es geht los!
Ja .. wo eigentlich? Bei der Idee nach New Orleans zu gehen? Bei den organisatorischen Anfängen? Beim Visums-Beschaffungstripp nach Wien*? Nö, ausgefuchst und geschult in alternativen Erzählmethoden wie ich nun mal bin, fang ich mit dem Flug an. Am besten mit dem Hinflug (nimm das, Tarantino!). Für alle die so was interessiert, der hat 650 Euro gekostet und ging von München über Atlanta nach New Orleans. War auch im Grunde weitestgehend ereignislos, bis auf den gecancelten Atlanta-New Orleans Flug (amerikanisch für zwei cm Schnee: schlimmster Schneesturm seit Jahren) und daraus folgend sieben Stunden Wartezeit in Atlanta ist nicht viel passiert. Außer vielleicht dass der Manu, mein soon-to-be Mitbewohner und ich sieben Dollar für Bier bezahlt haben. Jeweils. Pro Glas. Verdammte Blutsauger. Der Flug nach Atlanta ist – und jetzt haltet euch fest – wie im Flug vergangen (oh Mann, Wortwitze. herrlich). Das lag zum größten Teil an den im Sitz eingebauten Fernsehern mit überraschend geiler Filmauswahl (The Social Network neben Avatar neben dem genialen und leider katastrophal untergegangenen Scott Pilgrim vs. the World). Nachteil: diese ganze Fersehzombiemeute bildete eine Lobby der geschlossenen Fenster und so kommt vom über-den-Wolken Feeling nicht viel rüber. Schade. Dafür entschädigt dann aber der Flug Atlanta-New Orleans, speziell Nachts. Erstens: Nachtflüge über Städte sind immer geil. Zweitens: Nachtflüge über New Orleans sind noch geiler. Das war mein schönster Landeanflug soweit, aber da ich bis zum heutigen Tag noch keine Digicam besitze**, müsst ihr euch wohl mit meiner Begeisterung begnügen. Aber ihr habt ja diesen Text hier, ist doch schon mal was. Außerdem ist’s daheim in Österreich bestimmt auch schön, nur Mut! Ich schweife ab. Am Flughafen wird man dann mit entspanntem Jazz und 50er Jahre Flughafenhalle begrüßt, so soll’s sein. Eine rumpelige, aber informative Shuttlefahrt später (laut unserem leicht übermotivierten Shuttlefahrer soll man hier in New Orleans unter keinen Umständen Getränke mit dem Namen „Hurricane“ oder „Granade“ trinken. Memo an mich selbst: nachprüfen) standen wir dann vor den verschlossenen Türen von Lake Terrace Gardens, wo sich unser Appartement befindet. So sollte es eigentlich nicht sein. Mittlerweile war ich von Montagmorgen, Europa, bis Mittwoch, ein Uhr morgens, Amerika, auf den Beinen und streichfähiger als warme Butter. Zum Glück haben uns zwei Studenten bemerkt und reingelassen. Und das war WIRKLICH Glück, es war nämlich sau.kalt. (wie sollte es auch anders sein, wenn ich vor Abflug beschließe dass ich in einer Stadt, die auf demselben Breitengrad wie Kairo liegt, keine Winterjacke brauche. Pustekuchen!). Also noch schnell den Hausmeister geweckt, Schlüssel geholt und dann Koma. Neue Welt gut und schön, aber auch ich brauch mal Schlaf.
Völlig fassungslos wache ich am nächsten Tag um acht vor dem Wecker auf und bin putzmunter – damit wäre wohl auch geklärt wie lange ich in Österreich ohne Wecker schlafen würde, interessant. Wir pilgern zur University of New Orleans (UNO, ohne Witz) und besuchen erstmal das Center Austria, wo wir herzlichst empfangen werden. Wirklich, die Leute dort, allen voran die Gertraud, kümmern sich derart gut um einen, ich frag mich wie Studenten anderer Unis ohne so ein Center auskommen. Und nett sind die auch noch. Daumen hoch jedenfalls. Jetzt hieß es also Studiengebühren bezahlen (2.500 Dollares, diese Geier), registrieren, allfällige Probleme lösen und Tee trinken. By the way: fragt in den Staaten nie, nie, NIE wo denn hier der Biomüll für den Teebeutel ist. Man erntet nur kollektives Gelächter. Arme Umwelt! Dann hat uns die Gertraud erstmal einkaufen gefahren. Mittlerweile waren wir zu dritt – give it up for .. Lisa! Und Einkaufen in den Staaten ist strange. Zum einen gibt’s hier keine kleinen Geschäfte wie Bäckerei, Krämer oder Metzger, sondern nur übergroße Megastores – die sind zwar nicht um die Ecke, haben dafür aber nahezu 24/7 geöffnet. Zum anderen wird man mit einer Flut an Plastiksackerln konfrontiert, das ist echt nicht mehr feierlich. An der Kasse bekommt man alles extra in billige, also kaum wieder verwendbare Sackerl gepackt – und das obwohl ein Brot (naja, „Brot“) zum Beispiel ohnehin schon zweimal verpackt ist. Ohne Scheiß: Leib Brot, Plastiksackerl, da drum noch mal Plastiksackerl und das ganze kommt dann in der Kassa noch mal in ein Plastiksackerl. Die machen mich fertig.
Aber egal, abgesehen von diesem Supersize/Plastiksackerlwahn ist’s nämlich unfassbar geil hier. Das berühmte French Quarter hält was es verspricht – und das obwohl ich es bis jetzt noch nicht mal bei Nacht gesehen hab. Zwischen UNO und dem Quarter liegt nämlich die Frenchmen Street und über die hinauszukommen wird wohl zur persönlichen Lebensaufgabe werden. Eine Straße mit zig Clubs, alle mit Live Musik und das jeden Abend. Eine Band geiler als die andere, seltenst Eintritt (die Bands finanzieren sich mit Trinkgeld), alle Genres vertreten (mit starkem Überhang zu Jazz und Brass Bands, versteht sich). Überhaupt: Brass Bands! Ja leck mich am Ärmel, die blasen einen aus den Socken! Tuba und Schlagzeug bilden den rhythmischen Grundpfeiler, die restlichen 5+ Bläser gehen fünfzehn Minuten lang durch die Decke. Ekstase pur, der Himmel auf Erden. Verdammt, ich bekomm jetzt, während ich diese Zeilen schreibe, schon wieder Bock in die Frenchman Street zu gehen! Leute, ich glaub das werd ich auch machen. Von der Uni selbst kann ich ohnehin noch nix erzählen – die geht erst am Dienstag los – und eure Geduld mag ich auch nicht überstrapazieren (mit „eure“ mein ich die zwei Leute, die noch lesen. Hallo Mama!). Wünsche, Fragen, Kritik Lob in die Kommentare. Ich hoffe das ganze ist halbwegs lesbar und nicht zu langweilig. Sollte es der ein oder anderen lesen (sagen wir .. mindestens drei), gibt’s in ein bis zwei Wochen den nächsten Teil***. Bis dahin: so long, ich muss jetzt weg, in der Frenchman Street steht ein Barhocker mit meinem Namen drauf!
*Hier als Bonusfeature für Sammler: der Visums-Beschaffungstripp. Das ganze ist ein Auszug aus einer Mail an die Maria (beste Grüße an dieser Stelle) und leicht verwirrt geschrieben. Das liegt zum einen an der Monstergrippe, die ich zu dieser Zeit ausgebrütet hab, zum anderen vermutlich an der Uhrzeit. Wie auch immer, enjoy: 
"heilige scheiße, du hast ja keine ahnung. also hier eine gute-nacht geschichte: wir waren gestern fort (sehr sehr geil) und sind dann um ca drei ins bett (dritter fehler). hab das alles durchgeplant und mir den wecker auf halb sieben gestellt - den termin hab ich um halb neun gehabt. um acht bin ich schließlich wach geworden (nachdem ich den lauri überzeugt hab dass wir ruhig noch weiterschlafen können - fünfter fehler) - dafür aber dann endgültig. termin bei der us-botschaft und ich verpenn .. klasse :/. 
jedenfalls bin ich am vortag um sieben in wien angekommen, und der lauri wollte zwischen mich abholen und glühweinstand nicht erst noch heimfahren und meine sachen abliefern, jetzt haben wir sie im bahnhof in ein schließfach gepackt (erster fehler) und im rausch beschlossen dass es leicht reicht wenn wir sie vorm botschaftstermin noch abholen (zweiter fehler). 
weiter beim kickstart: dadurch dass ich meine sachen nicht mehr beim bahnhof hab holen können, hab ich mit meinen kontaktlinsen improvisiert - hab mir zwei schnapsgläser genommen und irgendeine kontaktlinsenflüssigkeit genommen, die beim lauri rumgestanden ist (vierter fehler). die war aber für meine augen NICHT geeignet und ich hab die linsen nicht reinbekommen. bin also um acht im blindflug (brille natürlich bei meinen sachen am bahnhof) zum bahnhof gerast. der lauri hat mich nicht begleiten können - hab für den termin noch einen umschlag und briefmarken gebraucht (kleiner tipp: besorg die früher ..). ich habs dann trotz zweieinhalb metern sicht zum bahnhof geschafft und meine sachen geholt - da waren ja meine dokumente drin. ich fahr mit der ubahn weiter zum vereinbarten treffpunkt mit dem lauri und wir laufen in richtung botschaft. an sich cool, aber wir hätten zum konsulat müssen :/ (dem lauri die wegplanung überlassen: sechster fehler). zu dem zeitpunkt wars ca neun und ich dem nervenzusammenbruch nahe ;). dann haben wir jedenfalls eine freundin vom lauri angerufen und sie hat uns den weg angesagt - um halb zehn war ich dann dort. ungeduscht, angezogen wie ein sandler (immer noch die bequemen sachen vom zugfahren) und eine stunde zu spät für meinen termin bei der botschaft - sehr geil. 
ab dann gings aber bergauf und zwei stunden wartezeit später hats dann geheißen: "your visa has been approved" - ohne großes tamtam. mannmannmann, heftiger morgen."

**Bin nicht der größte Fotofan, drum hab ich bis jetzt noch nie den Drang verspürt mir eine Digicam zu kaufen. Außerdem hat bis jetzt immer mindestens einer meiner Mitreisenden eine Cam gehabt, hier war der Bedarf also auch gedeckt. Jetzt ist das natürlich anders und ich werd hoffentlich demnächst eine Kamera organisieren. Im Idealfall wird also der nächste Eintrag bebildet! 


***Es kann sein, dass gegen Ende des Semesters Lesegebühren eingefordert werden. Indem ihr diese Worte liest, stimmt ihr dem zu.

2 comments:

  1. Hey Tobi,
    muss echt sagen ich platze fast vor Neid (will auch) wenn ich die Zeilen so lese. Hört sich so an als würdest du den New Orleans way of life genießen. Vielen Dank, das du auf Fotos verzichtest(mit jedem Foto Fernweh²). Ich bin echt schon gespannt was sich noch alles tut, und vor allem wie studying at the UNO so ist.
    Bitte weitere Infos über das Experiment Hurricane und Granada!
    Greetz from Innsbruck

    Roman

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  2. Hi Tobi,
    zunächst möchte ich allen die diesen blogeintrag nur halb so genossen haben wie ich (tränen gelacht!!) sagen dass sie die dankesschreiben an den christian und mich bitte an werner.mauersber@muse.com schicken sollen!! bin mir jetzt erst bewusst geworden wie leicht leute nach rauen mengen alkohol beeinflußbar sind (wartet nur bis die anderen sachen die wir in tobis unterbewusstsein eingepflanzt haben (und hier lässt inception grüßen!! -> christian willst du der leo sein…??)zu tage kommen!!)Möchte mich für den tollen blog bedanken - hilft uns jetzt schon weiter!! wenn ich drei daumen hätte würden die nach oben gehen - so sinds nur zwei!! Can´t wait another two weeks till the next update!!
    Grüße aus Alpbach/Innsbruck
    Werner

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