Sunday, March 27, 2011

New Orleans/New York, Woche XI

Ein Gedicht:

Die Zeit vergeht, die Zeit verrinnt,
Es bleibt nicht viel, doch hier geschwind,
Schreib ich noch auf, ganz schnell, was war -
Damit ihr seht und hört und fühlt
Und es euch in die Ferne zieht
Im Idealfall sogar gleich hier her
Nach New Orleans, zur Stadt am Meer.

„Ja was macht denn dieser größenwahnsinnige Irre?“, hör ich euch fragen, „Glaubt der, er kann dichten?!“ Und ich sage euch (passt auf, jetzt kommt’s): meine Rede, meine Schreibe, meine Bilder, meine Texte, meine Seite, meine Regeln, mein Blog. 

Paddum Tusch.

Schaut nicht so entsetzt, ich hör ja schon auf damit. Mit dieser Punchline vom anderen Stern beginne und beende ich meine Karriere als Rapper und begrabe sie auch gleich im Hinterhof der guten Musik, versprochen. So, jetzt aber raus mit Krawatte und Monokel, es beginnt gepflegt informative Unterhaltung mit Anstand und Niveau. Hab ja schließlich Bildungsauftrag. Und so, meine Lieben, lade ich euch auf einen Locationwechsel ein. Raus aus den verranzten Vorstadtvierteln von Berlin, rein in die Großgroßstadt. In die Mutter aller Großstädte quasi, in die Großstadt zu der kleinere Großstädte petzen gehen wenn die Suburbs mal wieder keine Ruhe geben. Meine Damen und Herren, ich war in New York, New York.

Dass ich es überhaupt dorthin geschafft hab, grenzt ja sowieso an ein Wunder. Flug zu spät gebucht, Hotel viel zu spät gebucht (somit hatte ich die „Auswahl“ zwischen einem billigen Hostel in Brooklyn – ich zitier mal die Review: „Bathrooms worse than in a Nicaraguan prison“ – und einem Hotelzimmer in Chinatown, allerdings mit höherer Preisklasse. Bin ja kein Experte für Gefängnisse in Nicaragua, aber es sind bestimmt nicht die besten. Logische Schlussfolgerung: Ni Hao, Chinatown!) und am Tag vor meinem Abflug war auch noch St. Patrick’s Day. All dieser widrigen Umstände zum Trotz bin ich dann am Freitag um dreiviertel sechs in der Früh (somit genau eine Stunde vor Abflug) vorm Gate gesessen.

5.45 Uhr, das Unglück nimmt seinen Lauf.

„Prima“, hab ich mir gedacht, „da geht sich noch ein Nickerchen aus.“ Wahnsinnig listig. Um dreiviertel Sieben bin ich dann aufgewacht, gerade noch rechtzeitig um meinem Flieger hinterher zu winken. Naja, wenigstens kann ich den Flug auf die Liste meiner Flüge schreiben, die auf die Minute pünktlich abgehoben sind (neuer Stand: 1). Meinen Handywecker verfluchend bin ich dann zurück zum Schalter geschlurft und hab der netten Dame dort mein Leid geschildert. Die dürften es aber wohl öfters mit Bananen wie mir zu tun haben, denn getreu ihrer Airline Policy hat sie mir einfach gratis ein Ticket für einen NYC Flug zwei Stunden später ausgestellt, worauf ich sie vom Fleck weg heiraten wollte*. Hab aber keinen Ring dabeigehabt und somit hab ich es bei Glücks- und Segensüberhäufungen für sie und ihren Stammbaum belassen. Meine Heldin. Keine dreieinhalb Stunden später sind wir dann auch schon abgehoben. Start spreading the news …

Ich mag Fliegen.

In Manhattan angekommen, hab ich mich gleich aufgemacht um die Anschi, eine Freundin aus HAK Zeiten, zu treffen. Sie studiert in Wien, ich in Innsbruck, und wenn man es in drei Jahren nicht schafft sich daheim in Salzburg zu treffen, muss man das eben ich NYC machen, logisch. Hoffnungslos verspätet bin ich dann zum klassischen Treffpunkt beim Centralpark gekommen. Aber nachdem die beiden Mädels (eine Freundin von der Anschi war auch dabei) das beste Rezept gegen meine Unpünktlichkeit gefunden haben (eine Prise Warten™), hab ich sie dort sogar getroffen. Ach, war das schön.

Nicht der Central Park, aber trotzdem wir drei. 

Wir haben dann drei Tage lang mehr oder weniger klassisches Touriprogramm gehabt (Central Park, Museum, Rockefeller Center, Brooklyn Bridge, Hardrock Café und Unsummen an Geld ausgeben), das absolute Highlight war aber der Comedy Club gleich am ersten Tag. Leute, zieht euch das rein:

Hab nicht durchgehend gefilmt, das ist also keineswegs ein
Best Of. Anschaubefehl gibt's trotzdem.

Danach ging’s erst mal Richtung Hotel. Das wär auch eigentlich für Rucksackreisende perfekt gewesen: sauber, das Notwendigste da, vierundzwanzig Stunden offen, absolut kein überflüssiger Luxus (die "Zimmer" waren 1,5x2,5m groß), aber halt für das Gebotene mit knapp 40$/Nacht ein bisschen zu teuer. Das dürfte wohl aber der Preis für Privatsphäre sein.

Am Sonntag hab ich dann noch meinen Cousin getroffen. Hab ihn zuvor das letzte Mal gesehen, wie ich vor elf Jahren meine Tante in New York (Upstate) besucht hab. 

Unglaublich, was elf Jahre so
anrichten können …

War jedenfalls ziemlich cool ihn wieder zu sehen. Haben uns dann zwar verquatscht und so hab ich am Sonntag von New York nix mehr mitbekommen. Das war aber auch egal, wichtig war mir ohnehin nur die Anschi und den Ben zu sehen. Check und Check, würd ich mal sagen.

Was soll man zu New York selbst noch sagen? Es ist einfach überwältigend, Punkt. Riesig groß, in alle Richtungen, und man kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus. Ich weiß nicht ob ich dort leben wollen würd, aber die Stadt mal über einen Zeitraum von ein paar Monaten kennen zu lernen, wär schon sehr interessant.

Am Sonntag um fünf war der Spuk jedenfalls schon wieder vorbei und ich hab mich auf die Socken gemacht um zurück zum Flughafen zu kommen. Um eins in der Früh bin ich dann in meiner Wohnung in New Orleans angekommen und das war auch höchste Zeit. Hab zu diesem Zeitpunkt echt dringend mal Ruhe und Entspannung gebraucht; durch Mardi Gras, New York und der ganzen Midterm Exams bin ich echt ständig unter Strom gestanden und zu gar nix gekommen (sorry noch mal an dieser Stelle an all jenige, die eine halbe Ewigkeit auf Mails gewartet haben). Die Woche drauf war endlich einmal Durchatmen und Runterkommen angesagt. Und das geht am besten im Citypark. Also wieder mal neue Schläuche fürs Rad gekauft (die Verkäufer dort kennen mittlerweile deren Größe und Marke auswendig), ein paar Bücher und die Lisa eingepackt und zum besagten Park gefahren. 

So lässt sich's leben.

Zu recht viel mehr Entspannung bin ich aber nicht gekommen, jegliche Müdigkeits- und Erschöpfungsbekundigungen meinerseits ignorierend hat man mich dann am Abend schon wieder ins Taxi verfrachtet und ich hab mich auf dem Weg in die Innenstadt wiedergefunden. Schlaf und ich haben uns daraufhin einvernehmlich getrennt, das wird echt nix mehr mit uns.

Ui, und zum Abschluss noch kurz ein Update bezüglich der Sicherheit hier in New Orleans. Das hier hab ich neulich auf der Straße vor unserem Haus gefunden:


Ich schließe daraus, dass die Polizei das Verbrechen hier mit aller dafür nötigen Härte und Gewalt bekämpft. Gut so. Moment, es klopft an der Tür – ich seh mal kurz nach wer so spät am Abend noch was von uns will …

*ACHTUNG! Das ist nicht ernst gemeint. 

Tuesday, March 15, 2011

New Orleans, Woche IX

Hui, jetzt bin ich ja fast schon spät dran mit meiner zweiwöchentlichen New Orleans-Semester-Berichterstattung©. Aber was soll’s, Mardi Gras will ja auch erst mal verdaut werden. Und andauernde Pünktlichkeit veranlasst die Leute ohnehin nur dazu, so was ständig von mir zu verlangen – soweit kommt’s noch! Ich mag Unpünktlichkeit, die steht mir, so war ich schon immer. Muss ich wohl geerbt haben. Genug davon, ich präsentiere hiermit jedenfalls voller Stolz und Umschweife meine Special-Mittwochs-Ausgabe. Passt gut darauf auf, die hat bestimmt bald mal Sammlerwert. Na denn, viel Spaß!

Eben diesen hab' ich nämlich die letzten zwei Wochen auch gehabt. Hier in New Orleans hat echt der metaphorisch oft bemühte Bär gesteppt – heftig! Bevor ich mich allerdings dem Elefanten im Raum zuwende .. 


.. möchte ich die soeben gepushte Stimmung mit einer kleinen, traurigen Geschichte auch gleich wieder drücken. Ich wurde nämlich wieder einmal sitzen gelassen. So sind sie, die Frauen. Da überqueren sie zwei Kontinente und einen Ozean um einen zu besuchen (okok, Washington, New Orleans und ganz generell die Tatsache, dass es sich um das Austrian Student Program der Uni Innsbruck gehandelt hat, mögen auch eine Rolle gespielt haben, aber wen interessieren schon solche Kleinigkeiten? Ich versuche hier schließlich ein wenig Feenstaub zu verstreuen!) und kaum drei Wochen später fliegen sie schon wieder zurück. Ja, Maria, du darfst dich ruhig angesprochen fühlen – was für eine Frechheit! Aber diese klaffenden Lücken in meinem seelischen Befinden mal außen vor gelassen, war es herrlich die ASP Gruppe hier zu haben. Auch wenn die Maria sich erst gegen Ende ihres Aufenthalts getraut hat, mich ihrer Truppe vorzustellen. Mehr Zeit mit diesem feierwütigen Haufen hätte meine Leber aber vermutlich ohnehin nicht verkraftet .. Wie auch immer: danke Leute, danke Maria, schön war’s!

Auf ein baldiges Wiedersehen.

So, genug herumgesülzt, jetzt geht’s ans Eingemachte. Es folgt der Grund, warum ich die letzten zwei Wochen kaum zu Hause war und insgesamt gefühlte zweieinhalb Stunden Schlaf abbekommen hab. Der Grund, warum manche Einheimischen fluchtartig die Stadt verlassen, während Touristen kollektiv durchdrehen. Und vor allem ein weiterer Grund, warum New Orleans so verdammt geil ist. Meine Damen und Herren, werte Leserschaft: Mardi Gras! Dem ein oder anderen wird’s bekannt vorkommen, die Franzosen können es sogar übersetzen: Fetter Dienstag, in heimischen Gefilden auch Faschingsdienstag genannt. Unweigerlich ist alles hier die letzten Wochen darauf zugesteuert und am Tag X war es dann soweit. Bis dahin gab es ja schon fast jeden Tag Paraden (die auch – im Gegensatz zur ersten – richtig gut geworden sind) und mit Mardi Gras als Höhepunkt ist die Stadt dann schlicht und einfach abgehoben. Ein paar Leuten hab ich das in Mails schon beschrieben, aber hier noch mal für alle: Wahn. Sin(n). Die Leute hier sind so was von durch die Decke gegangen, ich persönlich hab das noch nie erlebt. Anders als in manchen Ländern greift man hier um zehn Uhr morgens nicht zum Knoppers, sondern pflichtbewusst zur Handgranade. 

Man muss schließlich tun, was der Mann im Flieger verlangt.

Um diese Uhrzeit gehen nämlich die Abschlussparaden los. Der Tag hat dann (bei mir zumindest) bis vier Uhr in der Früh gedauert. Dazwischen: Musik, Tanzen, Kostüme, keine Fotos, mehr, weniger, oder ganz nackte Menschen, Chaos und tonnenweise Beads (Plastikperlenketten auf die hier jeder ganz scharf ist). Zuerst hat mich noch gewurmt, dass ich keine Kamera dabei gehabt hab, aber mir ist zum Glück rechtzeitig gedämmert wie dämlich es wäre zu versuchen das alles auf Fotos zu bannen. Folgerichtig gibt’s keine Bilder, dafür aber fantastische Erinnerungen, die ich mir aufs Regal über meinem geistigen Kamin stellen werde. Witzigerweise war die Bourbon Street im ganzen Chaos übrigens noch am „normalsten“.

So normal wie New Orleans Sündenpfuhl #1 nun mal sein kann.

Das liegt daran, dass hier fast nur unverkleidete, dafür aber um so betrunkenere Touristen herumflaniert sind. Um zu beschreiben was dagegen auf der Frenchmen Street abgegangen ist, fehlen selbst mir altem Phrasendrescher die Worte. Ein Versuch, in Impressionen: da wäre einmal der Diskosaurier. Eine Mischung aus Einkaufswagen, Soundsystem und Dinosaurierkostüm, mit der irgendein Typ einen ganzen Straßenzug unterhalten hat. Dem sind die Leute wie damals dem Rattenfänger hinterher getanzt, ich frag mich ob die irgendwannmal ans Mississippiufer gespült werden. Die Leute, die den lockenden Rufen des Diskosauriers widerstehen konnten, sind einfach einer der vielen Bands gefolgt, die ebenfalls durch die Straßen gezogen sind. Völlig unorganisiert sind so die Straßen geflutet worden, angeführt wurden diese Trupps manchmal eben von Bands, manchmal von ein paar Typen in einheitlicher Verkleidung (zum Beispiel Leuten in Särgen, die zu Fahrrädern umfunktioniert wurden) manchmal auch gar nicht. Immer der Musik nach. Ich hab nicht den blassesten Schimmer wie weit ich an diesem Tag herumgelaufen bin, aber meine Füße waren am nächsten Tag doch verdammt sauer auf mich. Die Armen. Eines meiner persönlichen Highlights war übrigens ein Typ mit einem Leguan auf dem Kopf. Den Leguan hab ich auch nur so lang für ausgestopft gehalten, bis er mich fragend angeschaut hat (der Leguan, nicht der Typ – der hat gelacht). Mann, ich liebe New Orleans. Wirklich.

Eines muss ich an dieser Stelle zu Mardi Gras übrigens noch loswerden: ich kann verstehen, dass für sehr religiöse Menschen die Bourbon Street wie Sodom und Gomorra vereint und upgedated wirken muss. Darum find ich es auch nicht schlimm, wenn sie hin und wieder (ok, andauernd) dort demonstrieren und Flugzettel à la „Jesus Loves You“ verteilen. Auch der gelegentliche Kreuzzug (kein Scheiß, die ziehen mit riesigem Holzkreuz durch die Bourbon Street) sei ihnen gegönnt. Aber was die dann teilweise für schwulenfeindliche, rassistische und ganz generell menschenverachtende Parolen abfeiern, ist echt grenzwertig. Wenn dann noch dazu ein fünfzehnjähriges Mädchen durchs Megafon brüllt, welche Bevölkerungsgruppen alle in der Hölle schmoren werden, finde ich das beunruhigender als alle anderen Sünden auf der Bourbon Street zusammen. Und das sind viele.

Wie dem auch sei, auch Mardi Gras war einmal zu Ende. Am Mittwoch wurde entkatert und am Donnerstag schon wieder fortgegangen. Krönender Abschluss der Woche war dann ein Reggae Konzert am Sonntag mit Lisa und ihrer besseren Hälfte (und das will was heißen) Mike. Inklusive strengem Rauchverbot, versteht sich.

Das dürfte aber nur so lange gegolten haben, bis diese Hinweise
von süßlich duftenden Nebelschwaden verdeckt wurden.

Das war's also für die zwei durchgemachtesten (in meinem Blog darf ich sehr wohl meine eigenen Wörter erfinden) Wochen bislang. Hab diesmal kein aktuell passendes Video gefunden, also gibt’s Archivaufnahmen. Von einem Eichhörnchen, das die Überreste von einem vermutlich geklauten Muffin frisst. Nicht mehr, aber werte Leserschaft, auch um kein Stück weniger. Und jetzt alle …

… MOOOIIII!!!