Monday, May 23, 2011

New Orleans, Woche XIX

Nachdem sich in den letzten Wochen mit dem Ende des Semesters jegliche Struktur in Wohlgefallen aufgelöst hat, ich hauptsächlich in den Tag hineinlebe und nicht mal weiß in welchem Bundesstaat ich sein werde, wenn ihr diese Zeilen zu Gesicht bekommt, verschiebe ich den nächsten Blogeintrag vorerst einmal auf unbestimmte Zeit.

Nur soviel ...

The dog days ...

... are over.

Monday, May 9, 2011

New Orleans, Woche XVII

Shhhhhhhhhhhhhh! Hört ihr das? Diese Ruhe, diese Harmonie, die in der Luft liegt. Draußen plätschert der Brunnen, im CD-Player rotiert der Amélie Soundtrack, der Kühlschrank surrt verträumt vor sich hin und sonst … gar nichts. Herrlich. Die letzten zwei Wochen sahen ansonsten nämlich etwas anders aus. Aber ich greife vor.

Sieht das nach Ruhe und Frieden aus?

Ich möchte diesen Eintrag meiner New Orleans-Auslandssemester-Berichterstattung (meiner vorletzten, wohlgemerkt) nämlich mit einem kleinen Brainstorm beginnen. Schließt also die Augen, reicht euch die virtuellen Hände und macht euch Gedanken zu folgender Frage: „Wie machen wir Tobis letzte Wochen in Amerika so stressig wie nur irgend möglich?“ Bereit? Raus damit! „Abschlussprüfungen!“, hör ich jemanden rufen. Nicht gerade sehr originell, dafür aber wirksam und gut für eine anständige Portion Stress. Weiter so! „Referat und Paper!“ Wie? In den letzten zwei Wochen noch? Unkonventionell, aber ich lass es natürlich gelten, streng nach Brainstorm Regeln. Aber nun weg von der Uni – was noch? „Verwandtschaftsbesuche!“ Ach, sehr gut, in Kombination mit den Finals ist das der reinste Stressgarant – mir gefällt wie ihr denkt! Jetzt legt euch mal richtig ins Zeug, was noch? „Ein Top-Terrorist wird getötet, die Furcht vor darauf folgenden Vergeltungsanschlägen führt zu strengsten Sicherheitskontrollen, die den Flug von besagter Verwandtschaft ungemein spannender gestalten.“ Na aber hallo, nicht sehr wahrscheinlich, dafür gibt’s extra Originalitätspunkte! Nochwas? „Jazzfest!“ Perfekt! Regionalitätsbezug ist gegeben, außerdem dauert es volle zwei Tage und ist daher nur semi-kompatibel mit der ganzen Lernerei. Leute, ich bin stolz auf euch, das sind die perfekten Zutaten für einen astrein gestressten Auflauf. Zur Vollendung muss er nur mehr vierzehn Tage ziehen. Ich als stadtbekannter Spitzenkoch hab das Ganze natürlich schon vorbereitet und präsentiere nun voller Stolz: 

Die letzten zwei Wochen!

Stress hin oder her, es war natürlich wie immer fantastisch. Zwar hätten sich Max und seine Freundin Anna keinen ungünstigeren Zeitpunkt für ihre New Orleans Reise aussuchen können (außer vielleicht die Monate vor und nach meinem Auslandssemester) aber ein Schuss Adrenalin hält ja bekanntlich jung, was mir mit meinen schon mittlerweile dreiundzwanzig Lenzen auf dem Buckel durchaus gelegen kommt. Ihr Flug ist (abgesehen von verspürter und vollzogener Übelkeit, unfreiwilligem Flugzeugwechsel, mittelschweren Verständigungsproblemen und als Destillat all dessen knapp vierstündiger Verspätung) auch relativ ereignislos verlaufen. Gut so – wir wollen die Verwandtschaft dies- wie jenseits des Atlantiks ja nicht beunruhigen. Aus mir unerfindlichen Gründen haben es die zwei Knalltüten dann aber tatsächlich zu meiner Wohnung geschafft und auch gleich ihr Lager in meinem Zimmer bezogen. 

In Fachkreisen wird das als „Hostile Takeover“ bezeichnet.

Um sie beim Jetlaggen möglichst ungestört zu lassen, hab ich mein Feldbett im Wohnzimmer aufgeschlagen. Was tut man nicht alles fürs Bruderherz. Mich und meine Wohnung zu sehen, rechtfertigt aber offensichtlich kein Flugticket nach New Orleans und so haben die zwei völlig unerwartet darauf bestanden, dass ich ihnen auch noch die Stadt zeige (Ich weiß! Ich find es auch völlig unbegreiflich warum jemand hierherkommen will, wenn man doch auch einfach meinen Blog lesen kann!). Leicht verwundert hab ich diesem seltsamen Wunsch dennoch Folge geleistet und sie mit der regionalen Kultur vertraut gemacht: barbarisches Crawfish-Zerfleischen, die Eigenheiten der örtlichen Verkehrsmittel („Fahrpläne geben nur Richtwerte an und nein, diese Reißleine im Bus ist keine Notbremse“), schräge Gestalten auf der Frenchmen Street, betrunkene schräge Gestalten auf der Bourbon Street, tückische Türschlösser, die völlig anders funktionieren als daheim und Temperaturen die uns Schluchtendefäkatoren den Permaschweiß auf die Stirn treiben. Und sie sind begeistert. Gut, das mag am durch die lokale Küche Müslisorte hervorgerufenen monumentalen Zuckerlevel liegen, aber ich werde jetzt nicht anfangen Haare zu spalten.

Das Grinsen kommt nicht von der guten Laune!

Absoluter Höhepunkt in dieser von Highlights geprägten Zeit war natürlich das Jazzfest. Auf einer Pferderennstrecke veranstaltet, hat es zwölf Bühnen, ein Vielfaches dessen an Bands, unzählige Souvenirstände, dazu passend ein Postamt (schlau, diese Amerikaner), alle möglichen und unmöglichen Snacks (Alligator bis Zitrone) und an den letzten beiden Freitagen meine Wenigkeit plus jeweiligen Anhang beherbergt. Zugegeben, billig war’s nicht, aber DAS entschädigt für so einiges. 

Im Video: die coolste Sau auf Erden. Und ich 
spreche hier NICHT von Cindy Lauper.

Nachdem meine beiden Ehrengäste jetlagbedingt täglich noch ziemlich zuverlässig zwischen neun und zehn Uhr ins Koma hinabgleiten, hab ich die Abende meistens frei. So auch am letzten Samstag. Und weil uns aus naheliegenden Gründen Fortgehen zur Zeit eher unangebracht schien, haben Lisa, Eileen und ich der Campusabendunterhaltung eine Chance gegeben. Sprich: Theater und Student Comedy Improv. Was sich ausgeschrieben nicht spannender als ein Stoppschild anhört, war live einfach unglaublich lustig. Über Niveau lässt sich bekanntlich streiten, aber die schlichte Idee den König aus The King’s Speech nicht stottern, sondern am Tourette Syndrom leiden zu lassen, kratzt in ihrer Einfachheit schon an der Genialitätsgrenze. Dementsprechend flach ist das Publikum gelegen. Vom Geist der Improvisationscomedy beseelt, haben wir dann den Abend mit Pizza und alten Whose Line Is It Anyway? Folgen ausklingen lassen. Und weil grad Zeit ist (nicht nur Gottschalk kann überziehen!), hier ein Clip daraus:

Eventuelle Bauchkrämpfe bitte ich zu entschuldigen.

Tags drauf hat’s uns fünf ins Audubon Aquarium of the Americas verschlagen, denn, wie Lisa es so treffend formuliert hat:
„Bei uns ist herrlicher Sonnenschein und fast ganz blauer Himmel, der Mississippi schlummert wie immer, also keine Spur von Überflutungen. Deswegen geh ma heute ins Aquarium.“
Damit wäre wohl auch geklärt ob wir gerade in den prophezeiten Fluten versinken. Anschließend haben wir in einem mexikanischen Lokal noch auf Sprachbarrieren angestoßen - ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie sehr einem die Birne dröhnt, wenn man im Sekundentatk zwischen Deutsch (Max und Anna) und Englisch (Lisa und Eileen) wechseln muss. Dann haben wir am See ein kleines Picnic veranstaltet. Um sieben bin ich schließlich daheim angekommen, hab ein wenig gelernt und jetzt schreib ich gerade diese Zeilen während im Hintergrund Radiohead (die die gute Amélie schon längst abgelöst haben) langsam ausfadet. Wie konklusiv.

Entlassen möchte ich euch diesmal mit einem der coolsten Fotos der letzen paar Monate:

Manchmal braucht’s dafür nur einen crappy Kaufhausfotoautomaten, 
gute Laune und die zwei besten Mädels auf dieser Seite des Mississippi.